Kundentyp: Yachtveredeler, Typ Meter Leimholz mit Leinen bezogen für mindestens 8000 Euro netto im Verkauf, gut mittelständisch, arbeitet bevorzugt für südeuropäische Kunden.
Hatte sich vor sechs oder sieben Jahren mal eine Webseite entwickeln lassen und war durch die monatlichen Kosten (Pflege, Updates etc.) irgendwann leicht irritiert, nachdem der Nachbarsjunge (Stundent, BWL) ihm erzählt hat, dass man sowas für lau und ganz allein hinbekommt. Der betrieb den Kram dann eine ganze Weile aus dem heimischen Kinderzimmer und arbeitet jetzt offenbar erfolgreich in der Systemgastro und schneidet Currywürste. Irgendwann war er mit der Aussenwirkung nicht wirklich mehr zufrieden, es kamen kaum noch Anfragen aus dem Ausland – seiner bevorzugten Zielgruppe eben.
Vor knapp einem Jahr fragte er dann per Mail an, ob wir das nicht wieder übernehmen können. Es folgte die von mir sehnsüchtig erwartete „kritische“ Hinterfragung unseres Angebots am Telefon.
Kunde: Hallo Herr Disaster, ich habe Dein Angebot erhalten und muss mal fragen, ob Du mich endgültig ruinieren möchtest… SO geht DAS mal gar nicht!
Ich frage irritiert, welche Positionen ihn stören.
Kunde: …naja, allein schon, dass Du für die Installation des Content-Managements-Systems auf DEINEM Server Geld verlangst, das geht ja mal gar nicht!
Ich: …baust Du Deine Innenaustattung in die Schiffchen neuerdings unentgeltlich ein?
Kunde: …das ist ja was ganz anderes! Und dann: Die Datenübernahme kannste doch nicht berechnen, die Texte schicke ich Dir doch per Mail. Dafür hab ich doch mein Marketingkarnickel.
Ich: Kein Problem, ich streiche die Position und Du kannst die Daten allein in die Webseite integrieren. Dafür ist das CMS ja da…
Kunde: Nein, nein! Dazu fehlt mir der Nerv! Aber das erwarte ich als Service – schließlich willste doch auch monatliche Gebühren!
Ich: Wie lange kennen wir uns und wie oft hab ich Dir das schon erklärt: Die monatlichen Gebühren beinhalten die Pflege, Updates, Kosten für Server und Domain. Quasi Liegegebühren…
Kunde: (lacht) Jetzt hör doch mal auf, mir alles zu erklären. Ich möchte nicht soviel bezahlen – ist das so schwer zu verstehen?
Ich: Ok, andersrum: Du bekommst einen Preis, den DU mir sagst und ich stell Dir ein Schiffchen hin, dass Du mir zu einem Preis umbaust, den ICH Dir sage?
GRUMMEL
Unterschrift.
Durch den regelmäßigen Kontakt mit seiner fest angestellten Marketingtante weiß ich, dass er im Moment wieder auf der europäischen Erfolgswelle vorn mitsegelt und seine Geldbeutel prall gefüllt sind. Zugriffszahlen auf seiner Seite: Plus 7500 Prozent im Monat im Vergleich zum Vorjahr. Irgend eine europäische Zeitung hat vor ein paar Wochen fett über ihn berichtet, wie heldenhaft er die Branche derzeit wiederbelebt und dann das:
Ein Anruf von Kater Karlo.
Kunde: Grüß Dich, ich bins, Dein Lieblingskunde. Sachma ernsthaft, kannst Du an den monatlichen Kosten irgendwas machen – ich geh bald am Stock!
Ich: Sachma, hast Du vergessen, dass ich vor ein paar Wochen den Bericht aus der Zeitung „XYZ“ über Dich für den deutschen Markt übersetzt habe?
Kunde: (es macht klick!) Ahhh, stimmt. Naja, war ja nur ne Frage!
Ich: Was machen die Schmerzen sonst so?
Kunde: Alles schick, wir sehen uns im Sommer, dann bin ich wieder an der Ostsee…
😀